Naturwunder Pantanal
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Pantanal - Reisebericht  (September 2023)

 

Endlich – nach zwölfeinhalb langen Stunden. Der Gurt ist gelöst. Nur noch den engen Mittelgang entlang, zur Treppe, über das Rollfeld, durch den Terminal zur brasilianischen Grenzpolizei. Passkontrolle, danach zur Gepäckausgabe, um den Koffer gleich wieder für den Weiterflug nach Cuiabá aufzugeben. Ich bin wieder in Brasilien. Genauer gesagt am Flughafen São Paulo-Guarulhos. Die zwei Stunden Wartezeit bis zum Anschlussflug vergehen im wahrsten Sinne wie im Flug. Nochmal 150 Minuten in der Luft. Nochmal am Kofferband auf den Koffer warten, dann weiter zum Hotel, um am nächsten Morgen endlich aufzubrechen – ins Pantanal (portugiesisch für Sumpf). Dieses Mal mit sieben Gleichgesinnten, die alle dasselbe Ziel verfolgen. Die Tierwelt des Pantanal zu erleben. Guide Ceni begleitet die Gruppe in diesem Jahr. Sie war ja auch schon 2022 für mich verantwortlich.
Mit dem Auto ging es zunächst noch zum Großmarkt in Cuiabá, und zum Rio Cuiabá mit ersten Tiersichtungen (Grüne Leguane und ein paar Tejus gab es hier zu sehen). Der Großmarkt hat sich im Vergleich zum Vorjahr sehr verändert. Neben der alten Markthalle ist eine neue Halle entstanden. Die Händler sind dieselben, jedoch sind es deutlich weniger Händler als im letzten Jahr. Das Flair der antik anmutenden Markthalle ist verloren gegangen. Anstelle der alten Neonleuchten findet man jetzt fast überall LED. Das Obst und Gemüse, der Fisch und das Fleisch sind immer noch so frisch wie 2022. Die Darbietung der Waren ist etwas moderner geworden. Und gerade deshalb fehlte in diesem Jahr irgendwie das „gewisse Etwas“…

Wir verließen Cuiabá in Richtung Poconé, zur Transpantaneira. Der Straße, die durchs nördliche Pantanal führt. Auch sie hat sich im Vergleich zum letzten Jahr deutlich verändert. Verantwortlich dafür war primär die Jahreszeit. Während ich im letzten Jahr bereits im Juni das Pantanal bereiste, startete die diesjährige Reise erst im September. Die Trockenzeit hat das Land in eine ausgemergelte Landschaft verwandelt. Nur noch sehr selten erkennt man, warum das Pantanal seinem Namen alle Ehre macht. An Stellen, wo ich vor über einem Jahr noch Wasser vorfand, sah ich jetzt nur noch zum Teil aufgebrochene, ausgetrocknete Böden. Des Weiteren waren viele der so prägenden Holzbrücken durch Betonbrücken ersetzt worden. Immerhin haben sie die Eingangspforte zum Pantanal, und den Stadtbogen von Poconé stehen lassen. Wahrscheinlich ist es auch gar nicht geplant, diese Wahrzeichen zu beseitigen. Ich gebe aber gerne zu, dass mir die Holzbrücken in diesem Jahr schon etwas gefehlt haben. Bedenkt man aber das erhöhte Verkehrsaufkommen (sowohl durch Touristen als auch durch Gütertransporte ins Einzugsgebiet) auf der Transpantaneira, waren die Brückenerneuerungen bestimmt notwendig. Ein paar Kapuzineraffen, ein Teju, etliche Vögel erwarteten uns…
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Wir machten gegen Nachmittag Halt an der „Pousada Rio Claro“. Von hier aus starteten wir mehrere Bootstouren und Wanderungen während der kommenden drei Tage. Königsfischer, Jabiru, und viele weitere Vogelarten gab es hier zu entdecken. 2022 sah ich hier meine ersten Riesenotter, die in diesem Jahr schon weiter südlich gezogen waren, weil der Wasserstand des Flusses deutlich niedriger war. Auch Hyazintharas, Kapuzineraffen, Krabbenfüchse und Agutis gab es hier 2022 zu sehen. In diesem Jahr waren es deutlich weniger Säuger. Dafür klappte es in diesem Jahr mit einem Sechsbinden-Gürteltier. Die Temperaturen stiegen in diesem Jahr auf über 40 Grad. Die gleißende Sonne hatte das gesamte Umfeld der Pousada in eine Art Trockenlandschaft verwandelt. Nur am Fluss tobte das Leben. Ein Jabiru-Paar hatte im Nest drei Jungtiere zu versorgen. Es ist faszinierend, wie diese plump wirkenden Großschnäbel sanft und umsichtig ihre Jungtiere mit Futter und Wasser versorgen. Das Nest des Jabiru war den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt. Am Boden machten die Bronzekiebitze deutlich, dass sie unsere Anwesenheit missbilligten. Die Nacktgesichtshokkos und viele weitere Vogelarten kann man hier lange Zeit beobachten Die Guane dienen als Alarmsignale, wenn sich im Dunkeln etwas nähert. In den Zimmern der Pousada ist man nur selten allein. Frösche, Geckos, Spinnen und anderes Getier finden den Weg ins Zimmer.

Nach drei Nächten ging es weiter Richtung Porto Jofre, wo die Transpantaneira endet. Der Ort liegt ebenfalls am Rio Cuiabá, den wir ja bereits in Cuiabá kennenlernen durften. Es ist der Grenzfluss zwischen Mato Grosso und Mato Grosso do Sul, und mündet weiter südwestlich in den Rio Paraguay. Im letzten Jahr verbrachten wir die Abende auf einem Hausboot auf dem Rio Cuiabá. In diesem Jahr kamen wir in der „Pousada Berço Pantaneiro“ in Porto Jofre unter. Nach 400 Metern fanden wir unseren Bootanleger. Auf einem Boot richteten wir während der kommenden Tage unseren Fokus auf Jaguare am Flussufer. Dafür unternahmen wir ganztägige Bootstouren in die Nebenflüsse des Rio Cuiabá. Highlight war zum einen eine Jaguar-Mutter mit einem etwa drei Monatige altem Jungtier. Und auch Riesenotter sahen wir am Vormittag des ersten Tages. Insgesamt waren es aber deutlich weniger Jaguar-Sichtungen als im letzten Jahr. Auch die Gesamtzahl an Riesenotterfamilien war niedriger als 2022. Dafür haben wir zum Beispiel mehrere Riesentukane gesehen, die ich im letzten Jahr nur einmal zu Gesicht bekam. Der niedrige Wasserstand, und die Größe unserer Gruppe verhinderte das Weiterkommen in kleineren Nebenflüssen, die wir 2022 noch befahren konnten. Am Nachmittag dann ein Starkregenschauer auf dem Fluss, während einer unserer Touren. Und so landete ich auch in diesem Jahr auf dem Hausboot, wo ich bereits 2022 nächtigte. Es gab einen Kaffee. Nach einer Stunde ging es durchgenässt weiter…

Drei Nächte später, ging es am Morgen wieder hoch in den Norden zur „Pousada Piuval“. Jetzt ist es an der Zeit über einen Zwischenfall auf der Transpantaneira zu berichten. Bereits 2022 hatten Geier von Weitem angekündigt, dass hier Tiere dem Verkehr zum Opfer fallen. Im vergangenen Jahr haben wir u.a. einen toten Krabbenfuchs und ein überfahrenes Gürteltier gesehen. In diesem Jahr erwischte es leider eine Tierart, die ich gehofft hatte, einmal lebend zu sehen. Wären wir vielleicht eine Minute eher an der Stelle vorbeigekommen, hätte ich eventuell das Glück gehabt. Aber vielleicht wären wir auch für den Unfall verantwortlich gewesen, dessen Opfer wir jetzt sehen mussten. Ein Auto, welches uns kurze Zeit vorher überholt hatte, stand am Straßenrand. Die Warnblinkanlage leuchtete auf. Teile der Stoßstange des Fahrzeuges lagen auf der Straße. Und am Fahrbahnrand lag ein toter Flachlandtapir. Hier zeigte sich die ganze Perversität dieser durch Menschenhand errichteten Schneise im Lebensraum dieser Tiere, die wir nutzten, um uns fortzubewegen. Wir stiegen aus, um nachzusehen, ob dem Tier und/oder dem Fahrer in irgendeiner Weise geholfen werden konnte. Der Tapir war noch warm. Die Augen weit geöffnet. Er war wohl sofort tot. In die Augen dieses toten Tapirs schauen zu müssen machte mich sehr traurig. Zumal wir in den verbliebenen Tagen zwar noch einige Flachlandtapir-Spuren fanden, aber leider kein lebendes Exemplar dieser sehr scheuen Tierart zu Gesicht bekamen. Vielmehr bleibt die traurige Erinnerung an meine einzige Tapir-Begegnung im Pantanal. Ein paar Tage später zeigten die kreisenden Geier, dass an dieser Stelle etwas zu holen war, und der Kreislauf nahm seinen Lauf. Wir haben auf unserer Reise Beute machende Kaimane gesehen. Jabiru und andere Fisch fangende Vögel und Riesenotter. Aber auf einen Tapir als Verkehrsopfer waren wir alle nicht vorbereitet…



Die letzten Tage verbrachten wir in der bereits angesprochenen Pousada. Wanderungen und Touren mit dem Geländewagen ließen uns viele Tiere sehen. Zum ersten Mal habe ich auch die Schwarzschwanz-Seidenäffchen im Pantanal erleben dürfen. Kapuziner- und Brüllaffen tummelten sich ebenfalls in den Baumkronen der Wälder in der Region. Köhlerschildkröten habe ich hier auch gesehen. Die Tierart, die ich ursprünglich gehofft hatte, beobachten zu dürfen. Begegnungen, die ich bereits auch schon 2022 erleben durfte, und über die ich mich natürlich besonders gefreut habe. Am Morgen nach unserer Ankunft ging es gleich zu Fuß ins Gelände. Zwischen den ganzen Termitenhügeln bewegte sich dann etwas. Ein Großer Ameisenbär mit Jungtier tauchte vor uns auf. Dieser Moment war für mich der schönste der ganzen Reise. Ich hatte ehrlich gesagt nicht mehr damit gerechnet, umso schöner war dann die Begegnung mit demselben Tier am darauffolgenden Morgen. Es war faszinierend zu sehen, wie geschickt die Mutter durch den Weidezaun kletterte, und das Zusammenspiel des Jungtiers, das einfach über den Draht kletterte, während die Mutter den Weg darunter wählte. Termitenhügel waren hier zahlreich vertreten. Von außen sahen sie aus wie verlassene Hügel. Wie Grabsteine in einer Grassavanne. Fast ein bisschen wie ein Friedhof. Wer schon mal versucht hat, einen Termitenhügel mit der Hand zu öffnen weiß, wie hart diese Bauten sind. Umso beeindruckender ist es, wenn ein Ameisenbär fast mühelos mit seiner Vorderkralle die Außenhülle aufbricht…

Andersherum steckt in einem solchen Termitenhügel viel Leben. Verlassene Termitenhügel dienen hingegen anderen Tiere als zuhause. Ein anderes Tier im Pantanal gräbt tiefe Löcher unter Wurzeln und umgestürzten Bäumen. Gürteltiere suchen den Boden nach fressbaren ab. Verlassen sie ihre Höhlen und kehren nicht mehr zurück, dienen die verlassenen Bauten zum Beispiel auch Köhlerschildkröten als Nachtversteck.

Die Zeit verging rasend schnell. Nach der dritten Nacht hieß es erneut Sachen einpacken, und wir verabschiedeten uns von der Fauna und Flora im Pantanal. Eine letzte Nacht im Hotel, und dann begann der Rückflug nach Deutschland. In den kommenden Wochen werden noch zahlreiche Fotos sortiert, zugeordnet und der Jetlag verarbeitet. Nun geht es zurück in den Alltag. Und in ein paar Jahren kehre ich zurück ins Pantanal. Dann aber in den Süden, denn den kenne ich noch nicht…
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